Heute schmücke ich mich einmal klammheimlich mit fremden Federn. Wobei die sprichwörtlichen Federn hier nicht ganz offensichtlich in Erscheinung treten. Sie sind nämlich versteckt. In Form von Daunenfedern. Und zwar hier:
Das großartige weißes-Kaninchen-Kissen habe ich ausnahmsweise mal nicht selbst gemacht; meine Patentante hat es mir zur Geburt des kleinen Grinsekätzchens genäht - aus einer alten Überdecke. Als ich damals aus dem Krankenhaus kam mit einem kleinen Schreihals im Arm (nein, das Kätzchen schnurrte nicht, nie, niemals), erwartete mich in einer Ecke des Schlafzimmers ein alter Schaukelstuhl (ein Familienerbstück), der mit eben diesem weißen Schlappohr bestückt war.

Die Freude war riesengroß und so verbrachten das Grinsekätzchen und ich viele Still- und Kuschel-Sessions wohlig umsorgt von dem Kissen und den sagenhaften Schlappohren.
Irgendwann verschwand das weiße Kaninchen in den Weiten des Kinderzimmers - aber, dem aktuellen Frühjahrsputz sei es gedankt - fand ich es wieder und reanimierte es mit einem dicken Daunenkissen.
Der großartige Hängesessel im Garten ist jetzt sein neuer "Bau"! Und was soll ich sagen? Ich glaub, der weiße Riese fühlt sich hier ganz wohl. Einige seiner roten Schnupperhaare wehen auf jeden Fall aufgeregt dem Wind entgegen und die Schlappohren knicken dann und wann zufrieden zur Seite.

Wie WIR uns hier fühlen, brauche ich Dir wohl nicht zu berichten, denn die Bilder sprechen für sich. "Allez Hopp" und ab in den Schaukelsessel; das Tollste ist, wenn beim sanften Schaukeln die Blüten des Mirabellenbaumes herab regnen... Herrrrlich!

Mein Radiosprecher wies mich beim Butterbrotschmieren in der Küche darauf hin, dass heute Weltfrauentag ist.
Das Grinsekätzchen gratulierte mir bei der Meldung herzlich und fragte mich schmatzend, was denn heute so besonders sei und wie man den Tag überhaupt (be)feiere.
"Ach, gar nicht", hörte ich mich antworten und ließ den Morgen seinen Lauf nehmen.
Später, bei der Überlegung, was ich meiner Familie zum Mittagessen kredenze, befand ich es für eine gute Idee, ein Familienrezept zu kochen: nämlich Königsberger Klopse nach einem Rezept meiner Uroma Grieperstraße. Grieperstraße hieß sie deswegen, weil meine Mutter wohl meinte, ich könne mir die zahlreichen Omas, Uromas und Ururomas besser merken, sortierte sie sie für mich nach Straßennamen. Und auch als Uropa starb und Uroma umziehen musste, hieß sie natürlich immer noch Grieperstraße. Mensch, Mama!
Bei anderen Verwandtschaftsgraden wendete meine Mutter die Straßennamen-Strategie komischerweise nicht an. Vermutlich wäre es ein heilloses Durcheinander geworden: "Komm, wir besuchen jetzt die Oma Sälzerstraße, die Tante Herrenstraße ist vielleicht auch da...."
Ich weiß nicht, ob dieses Phänomen nur im Ruhrgebiet praktiziert wird, wäre jetzt aber irgendwie beruhigt, wenn Du sagst, Du kennst es auch.
Also, die Oma aus der Grieperstraße, meine Uroma, war eine ganz besondere Frau.
Ich liebte sie für ihre zarte Gestalt, ihr unglaublich sanftes Wesen, ihren exakt gesteckten Dutt (Gott, habe ich den bewundert), ihr stundenlanges Halma-Spielen mit mir als ewige Gewinnerin und ihre Kochkünste.
Ich werde es nicht vergessen, wie ich als kleines Mädchen auf einem Hocker an ihrem Küchentisch mit Kunststoffoberfläche saß und mit viel zu großen, alten Löffeln meine Suppe aß (während Uropa mich mürrisch von links am Tisch beobachtete.)
In meiner Erinnerung gab es bei ihr immer Königsberger Klopse. Vermutlich gab es auch andere Gerichte. Aber, ich sehe mich immer nur Königsberger Klopse an ihrem Tisch essen. Keiner, wirklich keiner konnte sie so kochen wie meine Uroma.
Fast enttäuscht probierte ich mich zeitlebens durch diverse Klopsgerichte, um ernüchtert festzustellen, dass keines so ist, wie ihres....

Glücklicherweise hat Uroma uns das Rezept vererbt. Meine ersten Versuche, es nachzukochen, scheiterten kläglich. Das Geheimnis des Gerichts, das als Suppe zubereitet wird, liegt wohl an den Senfkörnern sowie dem Verhältnis von Herzhaftigkeit und Säure.

Wie auch immer, mittlerweile kann ich das Süppchen fast identisch mit ihrer Version zubereiten und möchte Dir heute neben dem Rezept einige Genussbilder zeigen.

Selbstverständlich habe ich die Suppe stilecht in einer alten Terrine serviert mit viel zu großen, alten Silberlöffeln (auf alten, gestickten Servietten), um den Genuss wie bei Uroma perfekt zu machen.
Ihr fantastisches Rezept, das sie aus ihrer Heimat Danzig mit in den Ruhrpott gebracht hat, geht so:
Zutaten für die Suppe:
70 g Margarine
4-6 EL Mehl
1 Schalotte (wird im Ganzen mitgekocht und kann später entfernt werden)
3 Lorbeerblätter
4 EL Senfkörner
2-3 Stiele Petersilie
5-6 EL instant Gemüsebrühe
6-8 Kartoffeln (am besten separat in Salzwasser garen)
Zum Abschmecken: Zitrone (altern. Essig), Zucker und Salz
frische, glatte Petersilie
Aus der zerlassenen Margarine und dem Mehl eine Mehlschwitze machen und mit Wasser aufgießen. Übrige Zutaten hinzugeben und aufkochen lassen. Dann die Temperatur herunter stellen und die Klöpschen nach deren Zubereitung hinzufügen.
Zutaten für die Klopse:
500 g frisches Rindergehacktes
2 Schalotten
1 altes Brötchen in Wasser ausgedrückt
1 Ei
Salz, Pfeffer
Senf
Die walnussgroßen Klopse in der Suppe 3/4 Stunde leicht köchelnd garen lassen. Parallel die Kartoffeln separat abkochen.
Zum Schluss die Suppe mit 1/2 Zitrone, ca. 1 TL Zucker und Salz abschmecken, bis sie einen süßsauren Geschmack bekommt.
Zum Servieren Kartoffeln untermengen und mit frischer Petersilie bestreuen.
Am 2. oder 3. Tag schmeckt die Suppe übrigens noch besser!
Als wir die Suppe gemeinsam essen, denke ich an Oma Grieperstraße. Sie ist die FRAU, an die ich heute ganz besonders denke und der ich den heutigen Weltfrauentag widme!